5 Tipps für die Kommunikation mit gehörlosen Menschen

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Diese Tipps helfen, dass die Kommunikation zwischen gehörlosen Menschen und hörenden Menschen gelingt.

Ein großer Tipp vorab: Lernen Sie die Gebärdensprache und das Fingeralphabet! Es ist eine sehr schöne Sprache und auch eine sehr schöne Kultur. So können Sie je nach Ihrem Kenntnisstand gut mit gehörlosen Menschen kommunizieren. Denn in Deutscher Gebärdensprache können alle möglichen Themen zur Sprache kommen, wie sie auch in der uns umgebenden Lautsprache möglich ist: von einfachen Themen bis hin zu hochwissenschaftlichen Gesprächsthemen.
Die Kommunikation wird erschwert, wenn allein nur mit dem Mundbild kommuniziert wird. Denn durch das Mundbild (das Absehen von den Lippen) können nur 30% des gesagten Inhalts verstanden werden. Versuchen Sie mal, von einem anderen Menschen „Mutter“ und „Butter“ abzusehen. Das Mundbild bei beiden Wörtern ist das Gleiche. Da können Sie sich vorstellen: Die fehlenden 70% sind reine Kombinationsleistungen, die das Gehirn des gehörlosen Mensches erbringt und aus dem Kontekt die Mutter doch zur Butter wird, weil zum Brot essen eher die Butter gebraucht wird als die Mutter. 😉

Da ist es nicht verwunderlich, wenn die Quote der Missverständnisse durchaus auch mal recht hoch ist.

Die 5 folgenden Tipps helfen Ihnen, die Quote der Missverständnisse zu senken:

Tipp 1: Blickkontakt herstellen und halten

Wenn der Hörsinn fehlt, ersetzt der Sehsinn das Hören.

Zwei Frauen mit Kaffeebechern sind zueinander gewandt und unterhalten sich.
Image by Freepik

Bewegen Sie sich vor den gehörlosen Menschen und winkt zu ihm, so dass der gehörlose Mensch Sie anschaut. Ist dies nicht möglich, könnt ihr erst versuchen, in dessen Sichtfeld zu winken, also die Hand vor dem Gesicht des gehörlosen Menschen winken. Alternativ dazu kann auf dessen Schulter kurz getippt werden oder auf den Oberarm. Versuchen Sie, den gehörlosen Menschen immer von vorne anzusprechen.

Halten Sie auch während des gesamten Gesprächs den Blickkontakt zueinander. Das ist ein wichtiges Kommunikationsmittel auch bei Verwendung der Gebärdensprache, denn damit sieht man auch die Mimik des Anderen, welches ebenfalls ein enorm wichtiges Element in der Kommunikation mit Gebärdensprache ist.

Tipp 2: Langsam und deutlich sprechen

Sprechen Sie langsam und deutlich. Schreien Sie bitte nicht, das hilft niemanden und verzerrt zudem auch das Mundbild. Sprechen Sie bitte auch nicht all zu deutlich, das verzerrt ebenfalls das Mundbild.

Brünette Frau spricht in ein Megafon

Nennen Sie zuerst das Thema, über das Sie sprechen möchten. Sprechen Sie bitte in kurzen einfachen Sätzen und nutzen Sie normale Wörter, keine Fremdwörter. Falls ein Wort immer wieder nicht verstanden wird, nutzen Sie ein anderes sinngleiches Wort oder schreiben Sie das Wort auf. Es gibt Wörter, die der gehörlose Mensch zwar kennt, die aber schwer von den Lippen abzusehen und zu verstehen sind, weil sie anders ausgesprochen werden als sie geschrieben werden. Beispiel: Portemonnaie = Portmonnee. Alternativwörter sind zum Beispiel Geldbeutel oder Geldbörse. Daher macht es durchaus Sinn, nach einigen Versuchen das Wort aufzuschreiben oder zu wechseln.

Bitte geben Sie nicht zu früh auf, bloß weil die Kommunikation im Augenblick zu mühsam zu sein scheint. Es ist übrigens eine nicht sehr schöne Erfahrung für den gehörlosen Menschen, dass nach einigen Kommunikationsversuchen von Ihnen dann ein „Nicht so wichtig!“ kommt. In dem Moment geben Sie die Kommunikation mit dem gehörlosen Menschen auf. Übrigens: Ob etwas wichtig ist, entscheidet allein der gehörlose Mensch! 😉 Auch ich hatte ähnliche Erfahrungen zur Genüge gemacht und als ich dann mal mich wehrte und dann doch die Information bekam, dann war die Information für mich sehr wichtig. Daher: Dranbleiben lohnt sich! 😊

Übrigens sind viele gehörlose Menschen durchaus in der Lage, Ihnen gegenüber sich lautsprachig mitzuteilen und so auf diese Weise mit Ihnen zu kommunizieren. Da ein gehörloser Mensch Ihre und auch seine gesprochene Sprache nicht hören kann, kann er seine eigene Aussprache aus dem Grund schwerer bis fast nicht kontrollieren und deshalb auch nicht korrigieren. So kann es vorkommen, dass für Sie seine Aussprache sehr fremd klingt. Probieren Sie trotzdem aus, die Kommunikation weiter fortzusetzen. Sie werden überrascht sein: Ihr Gehirn ist durchaus in der Lage, nach gewisser Zeit den gehörlosen Menschen nach und nach immer besser zu verstehen. Sie können ruhig auch mal mitteilen, dass der gehörlose Mensch bitte leiser sprechen soll. Auch diese „Kontrolle“ fehlt ihm und so ist für den gehörlosen Menschen eine solche ähnliche konstruktive Rückmeldung durchaus eine große Hilfe, da er zumeist nicht wahrnehmen kann, wie die akustische Umgebungssituation gerade ist.

Tipp 3: nutzen Sie einfache Gesten und auch die Mimik des Gesichtes

Zeigen Sie auf Gegenstände oder Menschen (das ist übrigens für gehörlose Menschen ganz normal und ein sehr wichtiger Bestandteil der Gebärdensprache!), oder zeigen Sie mit den Händen die Zahlen, falls keine andere Anzeige (z.B. an der Kasse) vorhanden ist. „Natürliche“ Gebärden sind auch Ihnen durchaus bekannt: die Gebärden für Essen, Trinken, Schlafen, Gehen, Dach… seid ruhig etwas kreativ, überlegt und probiert es aus, mit Händen und Füßen zu kommunizieren!

Frau denkt verwundert "Hä?"
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Auch hilft die Mimik den gehörlosen Menschen sehr, ob etwas lustig gemeint ist (lachende Mimik), oder ob sich jemand sehr geärgert hat (z.B. böse/wütende Mimik). Es gibt für fast jede Emotion eine eigene Mimik. Es gibt übrigens die gleiche Mimik-Bewegungen wie die Bewegungen der Mimik, die sich durch die Emotionen zeigt. Zeigen Sie diese Mimik nur deutlich ausgeprägter, als dies bei der Kommunikation unter hörenden Menschen üblich ist.

Tipp 4: Schreiben Sie Wichtiges auf!

Falls Sie feststellen, nicht verstanden zu werden, oder sichergehen möchten, dass Sie verstanden werden wollen, dann schreiben Sie bitte das Wichtigste auf! Das kann ein Stück Papier sein, oder eine Text-Nachricht auf dem eigenen Handy oder auf dem Handy vom gehörlosen Menschen. Auf diese Weise stellen Sie sicher, dass der gehörlose Mensch zum Beispiel die kommenden wichtigen Termine auf jeden Fall verstanden und bekommen hat.

Frau in ein Notizblock schreibend.

Auf fast jedem Handy gibt es inzwischen eine Spracherkennung. Sie ist qualitativ zwar nicht immer die beste, aber durchaus eine Möglichkeit für gehörlose Menschen, den Inhalt zu verstehen. Für Android gibt es die App Speechnotes, die es kostenfrei herunterzuladen gibt. Für iPhones und Apple-Geräte ist mir keine App bekannt. Hier nutze ich die Spracherkennung in der Notizen-App und das Mikrofon direkt zwischen der Leertaste und dem Icon für die Smileys.
Kennt ihr weitere Apps für gute Spracherkennung? Dann nennt sie mir bitte in den Kommentaren! 😊

Auch beim Text aufschreiben gilt die gleiche Regel wie beim Sprechen:
Schreiben Sie einfache und kurze Sätze auf!
Wenn es um einen Termin geht: Schreiben Sie auf jeden Fall den Termin (Datum und Uhrzeit) und das Thema des Treffens auf!

Tipp 5: Achten Sie auf die richtige Beleuchtung!

Vielleicht kennen Sie es: Sie schauen in einer Besprechung zu einem Menschen in der Runde, bei dem das Fenster im Rücken ist. Der Mensch ist durch die helle Beleuchtung im Rücken insgesamt ziemlich dunkel und fast nur noch als Konturen zu sehen. So geht es auch gehörlosen Menschen, wenn sie zu einem Menschen schauen müssen, bei dem ein helles Fenster oder eine helle Beleuchtung im Rücken befindet.

8 Scheinwerfer erzeugen einen Spot auf der Bühne

Sie kennen das vielleicht auch von Filmen zum Beispiel von Alfred Hitchcock-Filmen in Schwarz-weiß-Filmen: wenn ein sehr helles Licht sehr stark von einer Seite kommt, von ganz oben oder von ganz unten, dann sieht das Gesicht auch ganz anders aus, weil darauf ganz andere und vor allem auch mal ganz lange Schatten darauf zu sehen sind als bei üblicher weicher und indirekter Beleuchtung. Bei dieser ungünstigen hellen Beleuchtung mit ungünstigen Schatten fällt auch einem gehörlosen Menschen sehr schwer, auf Ihrem Gesicht die Lippen und die Mimik zu sehen und geschweige denn, daraus zu lesen und zu verstehen.

Daher ist es immer gut, wenn Sie darauf achten, dass die Beleuchtung insgesamt gut ist und der gehörlose Mensch sie gut sehen kann und Sie ihn gut sehen können. 😊
Sofern es in der Situation möglich ist, können Sie den gehörlosen Menschen bitten, zusammen woanders hinzugehen, wo die Beleuchtung deutlich besser ist und dort das Gespräch fortsetzen.
Wie Sie dies einem gehörlosen Menschen kommunizieren können: auf ihn und auf Sie und dann wieder auf ihn mit dem Zeigefinger zeigen und dann mit dem Zeigefinger auf die Stelle zeigen, zu der Sie gehen möchten. Dann benutzen Sie die Geste „kommen“ und zeigen Sie nochmals auf die neue Stelle. Wenn der gehörlose Mensch Ihnen zu verstehen gibt, dass er Sie versteht, dann gehen Sie bitte voran und achten Sie durch Blicke darauf, dass der gehörlose Mensch mit Ihnen zum neuen Ort geht.

Zusammenfassung

Nun haben Sie 5 Punkte, mit denen eine Kommunikation mit gehörlosen Menschen deutlich besser klappen kann:

  • Blickkontakt aufnehmen und aufrecht halten.
  • Langsam und deutlich sprechen.
  • Einfache Gesten und Mimik nutzen.
  • Wichtiges aufschreiben – auf Papier oder im Handy
  • Auf richtige Beleuchtung achten – weiches Licht von vorne und kein Fenster im Rücken und notfalls auch mal den Platz ändern.

Nehmen Sie sich ruhig die Zeit für die Kommunikation mit einem gehörlosen Menschen, es lohnt sich!

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